Atemwegsinfektionen im Kindesalter

Atemwegsinfektionen zählen zu den häufigsten Gründen für eine Vorstellung beim Kinder- und Jugendarzt. Dabei auftretende Krankheitszeichen wie Schnupfen, Halskratzen oder Husten deuten auf einen Infekt der oberen Atemwege (Nasen- und Rachenbereich) hin. Diese grippalen Infekte sind unangenehm, aber meist harmlos. 

Wie häufig darf mein Kind krank sein? 

Welchen Eltern kommt diese Situation nicht bekannt vor? Gerade ist das Kind auf dem Weg der Besserung und die Erkältung scheint überstanden, da bahnt sich schon der nächste Infekt mit Husten, Schnupfen oder Fieber an. Besonders Kleinkinder in Gemeinschaftseinrichtungen sind betroffen. Das Immunsystem kommt mit verschiedensten Erregern in Kontakt und wird somit trainiert. Dabei sind zwischen zehn und zwölf leichte Infekte pro Jahr nicht bedenklich. Bis zum Schuleintritt sind es dann noch ca. drei bis vier Infekte pro Jahr. Zu leichten Infekten zählen zum Beispiel Erkältungen, leichte Mittelohrentzündungen und Magen-Darm-Infektionen. Durch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Erregern entsteht die sogenannte Immunität, also der körpereigene Schutz gegen bestimmte Krankheiten.

Wodurch werden Atemwegsinfekte verursacht?

Die meisten Atemwegsinfektionen bei Kindern werden durch Viren verursacht. Zu den häufigsten Vertretern gehören Rhinoviren, RS-Viren, Adenoviren, Enteroviren, Metapneumoviren, Influenzaviren und Parainfluenzaviren. Die Erreger werden durch direkten Kontakt mit den Atemwegssekreten einer infizierten Person oder durch Tröpfcheninfektion übertragen. Das bedeutet also zum Beispiel durch kontaminierte Hände, Speichel oder über Tröpfchen beim Nießen, Husten oder Sprechen. Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Auftreten der ersten Symptome, liegt bei den meisten Virusinfekten zwischen zwei und sieben Tagen. Es fällt eine jahreszeitliche Häufung im Herbst, Winter und Frühling auf. Warum das so ist, ist nicht abschließend geklärt. Ein Grund dafür ist sicherlich der vermehrte Aufenthalt in Innenräumen mit dadurch erhöhtem Übertragungsrisiko. Obwohl der Begriff es suggeriert, entsteht durch Kälte allein keine Erkältung. Allerdings kann eine durch Kälte entstandene verminderte Schleimhautdurchblutung den Körper angreifbarer für Erreger machen. Es wird weniger Schleim produziert und Viren können leichter in die Atemwege eindringen. Hinzu kommt, dass körpereigene Abwehrstoffe bei reduziertem Blutfluss schlechter in die Schleimhäute gelangen. Es hat sich gezeigt, dass auch Stress und Übermüdung zu einer erhöhten Infektanfälligkeit beitragen.

Welche Symptome sprechen für einen Atemwegsinfekt?

Durch die Infektion mit Atemwegsviren kommt es in den Zellen zu einer Entzündung mit Schleimhautschwellung und vermehrter Schleimproduktion. Die Folge sind Halsschmerzen, eine verlegte Nasenatmung und Husten. Husten ist ein wichtiger Schutzreflex für die Atemwege, er befreit diese von Schleim und Verunreinigungen. Bei Erkältungen kommt es vor allem nachts zu Sekretfluss aus der Nase bis in den Rachen. Der Husten zu Beginn einer Erkältung ist meist noch trocken, also unproduktiv. Im Laufe des Infekts wird zunehmend Sekret gebildet. Bei einigen Kindern tritt zusätzlich Fieber auf. Auch Kopf- und Gliederschmerzen sind keine Seltenheit. Bauchschmerzen werden häufig als Begleitsymp­tomatik angegeben. Säuglinge und Kleinkinder wirken oft unruhig und weinerlich. Die Patienten sind müde und zeigen eventuell ein reduziertes Ess- und Trinkverhalten. Neugeborene und kleine Säuglinge atmen nur durch die Nase (sogenannte obligate Nasenatmer), dadurch entstehen im Rahmen von Atemwegsinfekten nicht selten Probleme beim Saugen an der Flasche oder der Brust. Die Dauer einer Erkältung beträgt nicht mehr als zehn Tage, wobei ein trockener oder festsitzender Husten noch drei bis vier Wochen andauern kann.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Nicht jedes erkältete Kind muss dem Kinderarzt vorgestellt werden. Bei bestimmten Symptomen sollte allerdings ein Kinderarzt aufgesucht werden. Dazu zählen zum Beispiel über zwei Wochen andauernder Husten, Fieber über drei Tage, persistierende Schmerzen, Atembeschwerden, Trinkverweigerung oder ein deutlich reduzierter Allgemeinzustand. Neugeborene und Säuglinge unter drei Monaten sollten bei Husten oder Fieber immer vom Kinderarzt gesehen werden. Nachdem der Arzt die Symptome und Beschwerden erfragt hat, werden die Patienten untersucht. Der Rachen und die Ohren werden inspiziert, Lymphknoten werden abgetastet und die Lunge wird abgehört. Bei banalen Infekten ist keine weitere Diagnostik erforderlich. Teilweise entnimmt der behandelnde Arzt einen Abstrich zum Ausschluss einer Streptokokkeninfektion, also einer bakteriellen Mandelentzündung. In den seltensten Fällen ist eine Blutentnahme oder ein Röntgenbild der Lunge notwendig. 

Und wenn es nicht bei einer einfachen Erkältung bleibt?

Auch die unteren Atemwege können von Virusinfekten betroffen sein. Im Kehlkopfbereich verursachen sie den sogenannten Krupphusten. Das Leitsymptom ist ein bellender, trockener Husten und ein pfeifendes Einatmungsgeräusch. Auch Heiserkeit kann ein Symptom sein. Fällt eine angestrengte oder beschleunigte Atmung auf, muss an eine Bronchitis oder Lungenentzündung gedacht werden. Kinder mit derartigen Symptomen sollten auf jeden Fall dem Kinderarzt vorgestellt werden. Vor allem bei Kleinkindern können Mittelohrentzündungen im Rahmen von Luftwegsinfekten auftreten. Bei älteren Kindern kann es zu Entzündungen der Nasennebenhöhlen kommen.

Sehr selten handelt es sich bei Atemwegsinfekten um bakterielle Infektionen. Dieses sind dann meist sogenannte Superinfektionen einer bereits bestehenden viralen Infektion. Nur bei bakteriellen Infektionen ist eine antibiotische Therapie sinnvoll. 

Wie sieht die Behandlung von Infekten der oberen Atemwege aus?

Gegen die auslösenden Viren gibt es kein Medikament, virale Atemwegsinfekte werden symptomatisch behandelt. Die Patienten sollten sich körperlich schonen. Wenn die Kinder nicht im Bett liegen möchten, hilft ein ruhiger Tagesablauf. Es sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden, denn insbesondere bei fiebernden Kindern besteht ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf. Des Weiteren ist eine gute Trinkmenge notwendig, um Schleim in den Atemwegen zu verflüssigen und ihn somit leichter abhusten zu können. Gut gelüftete Innenräume mit wenig trockener Heizungsluft schonen die Atemwege. Fiebersenkende und schmerzlindernde Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen werden nach Bedarf gewichtsadaptiert eingesetzt. Jedoch muss Fieber nicht zwingend gesenkt werden, denn es ist ein natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers. Die Stoffwechselaktivität wird gesteigert und Krankheitserreger somit leichter bekämpft. Bei der Entscheidung, ein fiebersenkendes Medikament zu geben, sollte eher der Allgemeinzustand des Kindes berücksichtigt werden, als die absolute Körpertemperatur. Abschwellende Nasentropfen oder -sprays können bei verlegter Nasenatmung vor allem zur Nacht hilfreich sein. Bei der Applikation von Nasentropfen besteht die Gefahr der Überdosierung, aber auch Nasensprays sollten nicht länger als sieben Tage ohne ärztliche Rücksprache verabreicht werden. Unkritischer hingegen sind Kochsalz-Nasentropfen, die die Atemwege befeuchten. Vorsichtig sollten Eltern im Umgang mit ätherischen Ölen bei Kleinkindern sein. Es kann zu Schleimhautirritationen bis hin zu Atemstillständen kommen. Hustensäfte können lindernd wirken, für eine eindeutige ärztliche Empfehlung fehlen jedoch wissenschaftliche Belege. Auch Hausmittel wie Fenchelhonig oder Tee mit Honig (nicht für Kinder unter einem Jahr) können eingesetzt werden. Hustenblocker sind rezeptpflichtig und werden nur in absoluten Ausnahmefällen vom Kinderarzt verschrieben. Bei produktivem Husten sind sie sogar kontraindiziert und führen zu einem Sekretstau in den Atemwegen. Halsschmerzen können durch das Lutschen von Pfefferminz- oder Salbeibonbons gelindert werden. Ebenso hilft das Gurgeln mit warmem Tee.

Was kann vorbeugend getan werden?

Die Wirkung zahlreicher zum Verkauf angebotener Produkte zur Stärkung des Immunsystems ist nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Das gesunde Immunsystem braucht seine Zeit zum Reifen. Um die Gesundheit Ihres Kindes zu unterstützen, ist es aus kinderärztlicher Sicht wichtig, auf allgemeine Maßnahmen zu achten. Legen Sie Wert auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit reichlich frischem Obst und Gemüse. Verzichten Sie grundsätzlich auf Rauchen in der Wohnung und im Auto. Lassen Sie die Kinder häufig an der frischen Luft spielen, auch im Winter. Wohnräume sollten regelmäßig gelüftet werden. Am besten schlafen die Kinder bei ca. 18°C Raumtemperatur. Nicht zu vergessen sind auch Impfungen. Sie schützen zuverlässig vor vielen Infektionskrankheiten. Ob eine Grippeschutzimpfung für Ihr Kind ratsam ist, besprechen Sie gerne mit Ihrem Kinderarzt.

Eltern entwickeln meist ein gutes Gespür dafür, wann das Kind ernsthaft erkrankt ist und es kinderärztlich vorgestellt werden sollte. Ihr Kinder- und Jugendarzt steht Ihnen nicht nur während der Infektsaison, sondern auch bei Alltagsfragen,  gerne unterstützend zur Seite.

Autorin:
Dr. med. Andrea Schaper
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin
verheiratet, drei Kinder

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