Musik als Begleiter in der frühkindlichen Bildung

Musik hat einen starken Einfluss auf die frühkindliche Entwicklung. In Lübeck gibt es einige Kindertagesstätten, deren Schwerpunktthema die Musik ist. Herr Studier von der städtischen Musik-Kita Groß Steinrade gibt uns einen Einblick.

Beim Betreten der städtischen Kindertageseinrichtung in Groß Steinrade fällt den Besuchern eine große schwebende Sub-Kontrabass Triangel im Eingangsbereich auf. Sie, die Triangel, steht symbolisch für das pädagogische Konzept: Musik, Tanz und Gesang. Die reizarme und helle KiTa bietet auf zwei Etagen alle Möglichkeiten, um 50 Kindern eine musikpädagogische und frühkindliche Bildung zu ermöglichen.

Neben einem vielfältig ausgestatteten Musikzimmer nutzen Kinder Gruppenräume, Bewegungsräume und Flure, um musikalische Fußabdrücke zu hinterlassen. Und das macht vor allem Spaß. Trommeln, Schlagzeug und Percussion Instrumente sind bei den Kindern besonders beliebt, ebenso hochwertige Kindergitarren.

Auf den Klang legt KiTa-Leiter Andreas Studier großen Wert: „Wir wollen Kindern Musikvielfalt näher bringen. Dabei müssen auch die Instrumente einen guten Klang haben und vor allem jedem Kind zugänglich sein. Jeder, auch Eltern, kann sich hier ausprobieren.“ Immerhin zählt die musikalische Ausstattung mehr als 16 verschiedene Instrumente im Musikzimmer und in den Gruppenräumen der Kinder, unter anderem ein Klavier, eine Geige, ein Akkordeon, mehrere Ukulelen, eine E-Gitarre und mehr als dreißig Djemben sowie verschiedene Akustik-/Konzertgitarren.

Musik ist Bildung

Dass Musik einen starken Einfluss auf die frühkindliche Entwicklung hat, ist unter Bildungswissenschaftlern und Pädagogen nicht neu. Bereits im Mutterleib erlebt das Kind erste musikalische Erfahrungen durch sein Umfeld. In der Krippe regt Musikvielfalt die Körperwahrnehmung an und fördert die Bewegungsfreudigkeit sowie Koordination. Kinder finden mit Musik trotz fehlender Sprache  einen emotionalen Zugang, um sich auszudrücken und mitzuteilen. Das ist besonders in der Eingewöhnung von Kindern ein bindendes Element.

„Unsere Krippenkinder werden früh mit musikalischen Reimen und Liedern im Alltag z.B. dem Händewaschlied oder Aufräumlied begleitet. Von Natur aus haben Kinder ein Rhythmusgefühl, das wir erhalten wollen“, erklärt Andreas Studier. Anfangs wird noch viel für Kinder musiziert und vorgesungen. Später übernehmen Kinder selbst die aktive Rolle und eignen sich ein Repertoire an Liedern, Reimen und Taktverständnis an.

Wie kann Musik Kompetenzen vermitteln?

In den Gruppen für Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt geschieht die Umsetzung auf sehr vielseitige Weise. Es werden Instrumente selbst hergestellt und es finden themenorientierte Musikinterpretationen auf verschiedensten Instrumenten durch das Kennenlernen und Nachspielen statt. Das gemeinsame Musizieren und Vorleben vermittelt den Kindern auf verschiedene Art und Weise vielfältige Kompetenzen. 

Unsere Musikinstrumente sind allen Kindern gleichermaßen in den Gruppenräumen zugänglich und werden regelmäßig genutzt. So werden ihnen Klang- und Musikerfahrungen mit unterschiedlichen Instrumenten ermöglicht und Freude an der Musik vermittelt. Durch die fachliche Qualität der zumeist selbst musikalischen pädagogischen Fachkräfte bekommen die Kinder einen ganz besonderen Reiz und eine hohe Lerneffektivität.

In unserer Arbeit geht es darum, die Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern, ihre Selbstbildung zu begleiten, ihrem Bildungshunger zu stillen und ihnen mittel- und langfristige Perspektiven für ein erfolgreiches Leben in Gemeinschaft zu eröffnen. 

Grundpfeiler dieser Bildung können wir mit Hilfe der Musik gestalten. Wir vermitteln Sozialkompetenz durch das Singen oder Musizieren in der Gruppe. Kinder erfahren, wie wichtig es ist, aufeinander zu hören und aneinander zu orientieren. Wertebewusstsein sind für uns Einstellungen und Haltungen, die nicht angeordnet werden können, sondern sich entwickeln und ausprägen müssen. Diese können vielfältig durch Gemeinschaftssinn, Empathie, Respekt, Liebe und Wertschätzung im Kind wachsen. 

Toleranz wird ebenfalls durch Musik gelebt, da sie ein Instrument ist, das Völker und Nationen miteinander verbindet. Wer miteinander singt und musiziert geht anders mit dem anderen um. Dieses schafft gegenseitige Achtung. Eine Bindung und Beziehung geschieht durch Bildung. In dem sozialen Gefüge des Morgenkreises fördern wir die Bindung und das Wohl-befinden in der Gruppe durch Singen und Musizieren, geben Kindern damit Sicherheit und Selbstvertrauen. Die Wahrnehmung entwickelt sich mit dem Hören von Musik, dem Lauschen von Tönen und Geräuschen. Durch das Hören und Erleben von klassischen, sowie auch aktuellen Musikstücken lassen wir die Kinder in ihre eigene Gefühlswelt eintauchen.

Wie können wir dieses in der KiTa explizit umsetzen? 

Die inhaltliche und methodische Form unserer Arbeit ist das „entdeckende und experimentelle Lernen“ in verschiedenen Aktionsfeldern. Nach Themenfindung, die entweder durch die Kinder geschieht oder vorgegeben ist, durch Feste und Jahreszeiten kann ein Rasterfeld erstellt werden, welches vom pädagogischen Personal mit Inhalt gefüllt wird. Partizipation ist hier möglich, indem wir die Kinder in Form eines Brainstormings beteiligen und Themenschwerpunkte herausfiltern. Manchmal geben uns auch Einwürfe der Kinder Hinweise auf die Behandlung besonderer Themen. Ein solches Thema wird notiert, dazu ein Rasterfeld erstellt, in dem einige immer wiederkehrende Elemente wie thematische Erläuterungen, Entspannung, Musik und Klang, Bewegung und Gestalten auftauchen. Alle Bereiche werden dann mit musikalischen Aspekten unterlegt und bilden den Rahmen.

Musik im weiteren Vorschulalter

Das Team der Musik Kita beobachtet immer wieder, dass Musik vielfältig anregt: Sprachbildung und mathematisches Verständnis werden gleichermaßen gefördert, wie Fantasie, Emotionen und Selbstbewusstsein. Kinder sind in der Lage selbstbewusster vor Menschen aufzutreten und gemeinschaftliche partizipative Projekte in Kleingruppen zu gestalten.

Die Rückmeldungen aus der Schulpraxis stützen die Canto elementar Studie (2010),  in der festgestellt wurde, dass viel singende Kinder zu 88 % regelschulfähig gelten, während die Gruppe der wenig singenden Kindern nur zu 44% als regelschulfähig eingestuft worden war.

Im kreativen Bereich werden mit einfachen Instrumenten eigene musikalische Ideen von Kindern umgesetzt. So erinnert sich die pädagogische Leitung gerne an Kinderprojekte zurück, wie das Gestalten von eigenen Konzerten innerhalb der Kindergruppe, oder die spontane Kinderband, die musizierend durch das Haus zieht.

Musik ist Inklusion

Jeder Mensch ist fähig Musik zu erleben. Man kann nicht nicht Musik erleben. In der KiTa wird Musik und Tanz bewusst als inklusives Mittel eingesetzt. „Wir erreichen jedes Kind und jede Familie mit Musik und schaffen einen Zugang, wo es auf den ersten Blick vielleicht unüberwindbare Barrieren gibt. Musik und Tanz versteht jeder; unabhängig von Kultur, Religion, Sprache oder körperlichen Einschränkungen. Hier ist jede Musik- oder Bewegungsform willkommen und das verbindet uns alle.“ Wir schaffen damit eine Form der Kommunikation, die mit Worten nicht zu beschreiben ist. So ist es nicht unüblich, dass Kinder auch von zuhause CDs oder MP3 Player mitbringen und diese mit ihren Freunden während der Kitazeit teilen wollen. Das schafft Zugehörigkeit und erweitert gleichzeitig den musikalischen Horizont. Musik ist also wie geschaffen für die Inklusion, oder?

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