Wo ist die Lobby für die Kinder?

Kinder und Kinderrechte stärker in den Mittelpunkt stellen

In den letzten Wochen der Corona-Krise mussten wir uns in Geduld und Verzicht üben. Es wurden große Themen rund um die Autoindustrie, den Einzelhandel, Fußball, Reiseverkehr… diskutiert – doch haben wir nicht etwas Wichtiges aus den Augen verloren? Die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen sind weit in den Hintergrund gerückt! Dabei hat vermutlich so mancher von uns selbst erfahren, dass diese Einschränkungen und besonders das Kontaktverbot für einen Großteil der Kinder ein schwerer Eingriff in ihre Lebenswelt war. Ihre Grundrechte und die Kinderrechte auf Entwicklung, Gesundheit, Bildung und Spiel wurden nicht wahrgenommen.

Kinderrechte gehören ins Grundgesetz

„Wir erleben aktuell eine grundlegende Geringschätzung gegenüber den Bedürfnissen von Kindern. Zu oft sind Kinder einfach nur Regelungsgegenstand von Politik. Das wird sich erst ändern, wenn sie sich aktiv an politischen Entscheidungen beteiligen können, die sie selbst betreffen. Wir stellen in der jetzigen Krisensituation aber leider fest, dass beispielsweise Zugänge zu politischer Beteiligung für Kinder und Jugendliche kaum vorhanden sind und fast ausschließlich nur schmückendes Beiwerk für Schönwetterphasen zu sein scheinen. Hier wiederholt sich ein bekanntes Muster: Wenn es um Entscheidungen mit Tragweite geht, wird die Meinung der Kinder und Jugendlichen nicht berücksichtigt. Ihr Beteiligungsrecht an den politischen Entscheidungen wird derzeit schlichtweg übergangen. Hier ist eine Kehrtwende hin zu echter Mitbestimmung notwendig“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, das schon seit langem fordert, dass die Kinderrechte in das Grundgesetz aufgenommen werden.

Kindeswohl in den Vordergrund stellen

Auch wenn es bei solchen Shutdown-Eingriffen um den Gesundheitsschutz der Allgemeinheit geht, sollte das Kindeswohl ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein. Es muss entsprechend abgewogen werden, welche Eingriffe verhältnismäßig sind und welche aufgrund ihrer negativen Folgen für Kinder und Jugendliche nicht mehr angemessen sind. Die Perspektive von Kindern und Jugendlichen selbst und die von anderen Expertinnen und Experten, wie etwa Kinder- und JugendärztInnen, PädagogInnen, EntwicklungspsychologInnen oder BildungsforscherInnen, sollten in Beratungskreisen mit einbezogen werden. 

Neben dem Gesundheitsschutz sind auch soziale und kindheitspädagogische Aspekte zu berücksichtigen und Anregungen sowie Bedenken der Schüler und Schülerinnen sowie der Fachkräfte bestmöglich mit einzubeziehen. Dabei sollten nicht einseitig Kernfächer, wie Deutsch und Mathematik, in den Blick genommen werden, sondern auch andere in dieser Zeit wichtige Ausdrucksformen und Anforderungen für Kinder, wie Musik, Kunst, Sport oder Naturwissenschaften. Beachtet werden sollte auch, dass Zeit benötigt wird, um die Auswirkungen der derzeitigen Lage auf die Kinder und Jugendlichen durch die Fachkräfte aufzufangen und aufzuarbeiten.

Meinungen und Ansichten von Kindern vorrangig berücksichtigen

Es braucht auch Mut für innovative Bildungskonzepte! „Politik und staatliche Stellen müssen künftig stärker berücksichtigen, dass Kinder in Deutschland in sehr unterschiedlichen Lebenslagen mit unterschiedlichen Bedürfnissen leben. Aktuell werden viele Pauschalmaßnahmen getroffen. Eine solche ‚Mehrheitsorientierung‘ verstärkt bereits bestehende Benachteiligungen“, erklärt Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte. 

Die letzten Wochen haben uns erneut deutlich gemacht, wie schnell in solchen Prozessen ausschließlich über Kinder statt mit ihnen beraten und entschieden wird. Dabei haben sie ganz konkrete Vorstellungen von sich und ihrer Umwelt. Daher ist es wichtig, ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient haben, indem das Parlament diesen Punkt gegenüber der Regierung besonders stark macht: die Meinungen und Ansichten von Kindern umfassend zu berücksichtigen.

Das Deutsche Kinderhilfswerk setzt sich seit mehr als 45 Jahren für die Rechte von Kindern in Deutschland ein. Die Überwindung von Kinderarmut und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden Angelegenheiten stehen im Mittelpunkt der Arbeit der Kinderrechtsorganisation. Der gemeinnützige Verein finanziert sich überwiegend aus privaten Spenden, dafür stehen seine Spendendosen an ca. 40.000 Standorten in Deutschland. Das Deutsche Kinderhilfswerk initiiert und unterstützt Maßnahmen und Projekte, die die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, unabhängig von deren Herkunft oder Aufenthaltsstatus, fördern. Die politische Lobbyarbeit wirkt auf die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland hin, insbesondere im Bereich der Mitbestimmung von Kindern, ihren Interessen bei Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen sowie der Überwindung von Kinderarmut und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe aller Kinder in Deutschland.

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