Den Schulweg alleine gehen – so klappt es

Irgendwann kommt der Tag, an dem Ihr Kind seinen Schulweg alleine bewältigen muss oder möchte. Bereiten Sie es rechtzeitig darauf vor. Damit können Sie jetzt schon anfangen.

Vielen Eltern bereitet dieser Gedanke Angst. Fragen tauchen auf: Ist mein Kind fit für den Straßenverkehr? Verhält es sich in gefährlichen Situationen angemessen? Was macht es in einer Notsituation … und kann ich mich auf mein Kind verlassen? 1970 haben 91 % aller Schulkinder ihren Weg zur Grundschule allein bewältigt. Heutzutage sind es nur noch 50% der Kinder. Allein jedes 5. Kind wird sogar mit dem Auto zur Schule gefahren.

Als Grund für die massive Zunahme der Begleitung ihrer Kinder benennen Eltern sowohl ihre eigene Angst um das Wohl des Kindes, als auch die Zunahme des Verkehrs und der damit verbundenen Gefahrensituationen.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

In Deutschland werden Kinder in der Regel mit sechs oder sieben Jahren eingeschult. Dieser Zeitpunkt bedeutet für Ihr Kind den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt mit vielen ungewohnten (Verkehrs-)Situationen. Aufgrund ihres körperlichen und geistigen Entwicklungsstandes sind Kinder in diesem Alter nicht allen Situationen des komplexen Straßenverkehrs gewachsen und schnell überfordert.

Schulanfänger sind nicht in der Lage

  • rechts und links sicher zu unterscheiden,
  • Umweltreize konsequent auszublenden. Sie lassen sich leicht ablenken, was zu Gefahrensituationen führen kann,
  • allein aufgrund ihrer Körpergröße die Gesamtheit der Verkehrssituation stets zu überblicken,
  • sicher zu sagen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt bzw. zu erkennen, welche Geräusche manchmal sogar lebenswichtig sind,
  • Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen. Wie lange dauert es bis das Auto bei mir ist?
  • Gefahren bereits aus den Augenwinkeln (so wie Erwachsene) zu erkennen.

Daher ist es unerlässlich, dass sie Ihr Kind in dieser ersten Zeit begleiten, unterstützen und so den neuen Lebensabschnitt gemeinsam bewältigen.

Was kann ich tun, damit mein Kind sicher zur Schule kommt?
  • Üben Sie den zukünftigen Schulweg bereits frühzeitig und unter realen Bedingungen (normale Schulzeiten) zusammen mit Ihrem Kind. Wochenenden und Ferienzeiten sind ungeeignet.
  • Legen Sie Wert auf das konsequente Einhalten des (eigentlich) selbstverständlichen Verhaltens auch in leichten Verkehrssituationen: z. B. stets auf der richtigen, dem Verkehr abgewandten, Seite gehen; am Fahrbahnrand halten; vor dem Überqueren der Fahrbahn die Sichtlinie suchen und an dieser halten, …
  • Besprechen Sie die vorhandenen Gefahrenstellen wiederholt und ausführlich – ohne Angst zu machen.
  • Der kürzeste Weg zur Schule ist nicht zwangsläufig der sicherste. Üben Sie lieber einen längeren Weg ein, sofern dieser weniger Gefahrenquellen aufweist.
  • Erklären Sie Ihrem Kind, dass es auch an gesicherten Übergangsstellen, wie z.B. Fußgängerüberwegen oder Lichtzeichenanlagen, vorsichtig sein muss.
  • Tauschen Sie später die Rollen und lassen Sie sich von Ihrem Kind die Gefahrenquellen erklären und zur Schule bringen. So sehen Sie, wo Ihr Kind noch Defizite hat.
  • Besprechen Sie auch Unvorhersehbares: Was mache ich, wenn
    … die Ampel defekt ist?
    … der Gehweg komplett zugeparkt ist?
    … eine Baustelle meinen Weg versperrt?
Der große Tag ist da: Die Schule beginnt

Es ist vollkommen normal, dass Sie Ihr Kind in der ersten Zeit auf dem Weg zur Schule noch begleiten und sein Verhalten unbemerkt kon­trollieren. Arbeiten Sie hier aber nicht mit ständigen Ermahnungen oder dem Schüren von Ängsten in Gefahrensituationen, sondern loben Sie Ihr Kind für verkehrssicheres und umsichtiges Verhalten. 

Planen Sie morgens genug Zeit ein, um Zeitdruck zu vermeiden und um ggf. bei Bedarf auf dem Weg noch ein paar Dinge zu erklären.

Da Sicherheit auch von Sichtbarkeit abhängt, sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind gut zu  erkennen ist: helle Kleidung, Reflektoren an der Schultasche, dem Sportbeutel und  der Bekleidung, Warn-/Sicherheitsweste.

Sofern Sie den Eindruck haben, dass Ihr Kind sich an die Absprachen und Regeln hält und der Verkehrssituation gewachsen scheint, schicken Sie es alleine los. Sie fördern so die Selbständigkeit und das Selbstbewusstsein Ihres Kindes. Beides ist wichtig für Ihr Kind, um sich nicht bei dem nächsten Problem auf die Hilfe eines Erwachsenen zu berufen.

Aber: Beachten Sie, dass sich Kinder unterschiedlich entwickeln. Unsichere Kinder brauchen länger. Geben Sie Ihrem Kind diese Zeit durch Ihre Begleitung!

Fahrradprüfung

Lassen Sie Ihr Kind erst nach der schulischen Radfahrausbildung in der 4. Klasse mit dem Fahrrad zur Schule fahren. Abgesehen von motorischen Defiziten, können die Kinder mit vielen Verkehrssituationen vorher noch nicht ausreichend sicher umgehen.

Normalerweise findet die Fahrradprüfung mit Unterstützung der Präventionsbeamten der Polizei zum Ende der 4. Klasse in den Grundschulen statt. Diese polizeiliche Unterstützung ist aufgrund der derzeitigen Lage zunächst bis zu den Sommerferien ausgesetzt. Den Grundschulen selbst bleibt es unbenommen, gleichwohl eine Radfahrprüfung in ihren 4. Klassen durchzuführen. Dieses wird durch uns ausdrücklich empfohlen! Die Schulen werden je nach Bedarf durch uns mit den entsprechenden Materialien unterstützt (Streckenverlauf der RFP mit Hinweis auf besondere Schwierigkeiten, Bereitstellung von Testbögen, Empfehlungen für motorische Übungen etc.). 

In der Ausgabe 03/20 des Lüttbeckers finden Eltern auch Informationen, wie sie ihre Kinder auf die Fahrradprüfung vorbereiten können.

Welche Möglichkeiten gibt es noch, um mein Kind zu
unterstützen?

Schulwegplan:

Der Schulwegplan soll Erstklässlern und ihren Eltern helfen, den sichersten Weg zur Schule zu finden. Es handelt sich hierbei um einen Kartenausschnitt vom Umfeld der Schule. Auf der Karte sind Gefahrenstellen und sichere Querungshilfen ausgewiesen. Zudem werden ideale Wege vom Wohnort der Kinder zur Schule aufgezeigt. Erkundigen Sie sich rechtzeitig vor Schulbeginn bei der Schule Ihres Kindes nach einem aktuellen Schulwegplan.

Walking Bus: 

Der Walking Bus ist eine Gemeinschaft von Grundschülern auf dem Weg zu Schule. Die Gruppe wird je nach Größe von einem oder mehreren Erwachsenen begleitet. Die Schülergruppe läuft wie ein Linienbus nach einem bestimmten Zeitplan vorher festgelegte „Haltestellen“ an. Die beiden vorderen Kinder sind Busfahrer, d.h. sie bestimmten das Tempo und übernehmen (verkehrserzieherische) Verantwortung für ihre Gruppe. Eine enge Begleitung durch den anwesenden Erwachsenen ist hier unerlässlich. Die Länge der Linie sollte ca. 1,5 bis 2 km betragen, so dass die Kinder höchstens 30 Minuten zu Schule hin und zurück benötigen. Sprechen Sie die Schule Ihres Kindes an und fragen Sie, ob es einen Walking Bus bereits gibt oder diese Idee umsetzbar wäre, oder organisieren Sie diesen zusammen mit anderen Eltern.

Aber Achtung: Laut derzeitig geltender LandesVO ist es nicht erlaubt, dass Kinder in Gruppen gemeinsam ihren Schulweg bewältigen. Die Durchführung des Walking-Bus ist derzeit insofern nicht zulässig!

„Rettungsinseln“:

Üben Sie mit Ihrem Kind, wie es sich in bedrohlichen Lagen verhalten soll, damit es im Notfall richtig reagiert. Schauen Sie sich zusammen mit Ihrem Kind auf dem Schulweg und der näheren Umgebung sog. „Rettungsinseln“ an. z.B.

  • ein Geschäft, in dem Ihr Kind die Kassiererin ansprechen kann,
  • ein Haus, bei dem es klingeln kann,
  • eine Straße, in der sich viele Menschen befinden.

Max Pax and Friends: 

Sowohl der Schulweg, als auch ein Besuch in der Stadt oder einfach nur ein kleiner Einkauf kann Mädchen und Jungen gefährden oder verunsichern. Sie verlieren ihren Rucksack, sie werden von anderen Kindern/Jugendlichen verfolgt, sie werden belästigt, sie haben sich verletzt. Oft sind es Situationen, in denen schnell Hilfe durch eine erwachsene Person erforderlich ist. 
Eine Gruppe von Mädchen und Jungen, die im Autonomen Frauenhaus Lübeck leben bzw. lebten, entwickelten Ende 2019 gemeinsam mit Schülern und Schülerinnen der Thomas Mann Schule Lübeck den orangefarbenen Aufkleber „Wir helfen Dir“.
Der Aufkleber wird in einsehbaren Lübecker Geschäften, Büros, Arztpraxen, Banken, Apotheken, … gut sichtbar an Schaufenstern oder Türen angebracht und bedeutet, dass die dort tätigen zuvor eingewiesenen Mitarbeiter*Innen jederzeit ansprechbar und bereit sind, kleine Hilfen zu leisten oder im Notfall die Polizei zu rufen.
Halten Sie zusammen mit Ihrem Kind Ausschau nach den orangefarbenen Stickern und erklären Sie ihm, dass es dort Hilfe bekommt und sicher ist. Erkundigen Sie sich auch gern bei der Schule Ihres Kindes, ob diese bereits an der Stickerkampagne teilnimmt.

Die Präventionsbeamten der Polizeidirektion Lübeck wünschen Ihren Kindern einen „sicheren“ Schulstart und möchten Ihnen abschließend den folgenden Tipp geben: Seien Sie sich stets bewusst, dass sie eine bedeutende Vorbildfunktion haben, denn Kinder lernen Verhalten und Einstellungen durch Nachahmen. Ihr Kind wird nie verstehen, warum sein Vorbild sich nicht an die geforderten Spielregeln hält.

Autorin:
Polizeihauptkommissarin Simone Sölter – Präventionsstelle der Polizeidirektion Lübeck, Bei Rückfragen: G14.Luebeck.PD@polizei.landsh.de

Empfohlene Übungsunterstützung:
Online-Übungsportal und Heft „Mein Schulweg – Arbeitsheft & Portal für Klasse 1“ der Verkehrswacht Lübeck unter www.verkehrswacht-medien-service.de
Vom ADAC: Schulwegratgeber unter www.adac.de/schulwegratgeber

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