Mein Kind trinkt so viel – könnte es Diabetes sein?

Ein wichtiges Thema für Eltern aber auch in Kindergärten und Schulen ist die Frage, ob Kinder genug trinken. Doch was ist, wenn das Kind auf einmal zu viel trinkt? Könnte es dann Diabetes sein?

Was sind eigentlich normale Trinkmengen und welche zusätzlichen Symptome können Hinweise für eine Diabeteserkrankung sein?

Nach Angaben der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) gelten folgende Empfehlungen für die tägliche Flüssigkeitszufuhr bei Kindern: ca. 820 ml für 1-4 jährige, 940 ml für 4-7 jährige, 970 ml für 7-10 jährige, 1170 ml für 10-13 jährige, 1330 ml für 13-15 jährige und 1530 ml für 15-19 jährige. Sind die Trinkmengen deutlich höher, können verschiedene Erkrankungen aber auch ein angewöhntes „Zuvieltrinken“ die Ursache sein. Folgende Symptome sollten zu einer weiteren Abklärung durch den Kinderarzt führen: Nächtliches Trinken, Neuauftreten von Einnässen, Gewichtsverlust, Leistungsknick, auffällige Atmung oder Pilzinfektionen im Genitalbereich.

Bei den Diabeteserkrankungen im Kindesalter handelt es sich fast immer um einen Diabetes mellitus Typ 1, welcher durch eine Fehlreaktion des Immunsystems, aber nicht durch falsche Ernährung, wenig Sport, Übergewicht oder eine kürzlich stattgefundene Impfung verursacht ist. Die Erkrankung entsteht vielmehr auf der Basis einer genetischen Bereitschaft für die Entwicklung von Diabetes Typ 1, in Kombination mit zahlreichen Umweltfaktoren sowie bestimmten Virusinfektionen, gegen die aktuell noch nicht geimpft werden kann.

Sehr selten treten auch andere Diabetesformen auf wie Diabetes mellitus Typ 2 bei sehr adipösen Jugendlichen oder Typ 3 bei anderen chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Mukoviszidose. Eine andere Erkrankung ist der Diabetes insipidus, der aber ursächlich nichts mit dem Blutzucker zutun hat, sondern durch einen übermäßigen Wasserverlust der Nieren gekennzeichnet ist.

In Deutschland sind etwa 30.000 Kinder und Jugendliche an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt. In Lübeck und Umgebung erkranken zirka 30 Kinder und Jugendliche pro Jahr neu an Diabetes mellitus Typ 1. Haupterkrankungsalter sind die Kleinkind- und Jugendzeit. Besteht der Verdacht auf einen Diabetes mellitus sollten der Zucker im Blut oder Urin bestimmt werden. Sind diese auffällig erfolgt eine Einweisung in die Kinderklinik zur weiteren Abklärung und Therapiebeginn. Die Therapie erfolgt mittels Insulin welches entweder durch einen Insulinpen oder eine Insulinpumpe unter die Haut verabreicht werden muss. Insulin wird zu jeder kohlenhydrathaltigen Mahlzeit, aber auch als Grundbedarf außerhalb des Essens lebenslang benötigt. Mehrmals täglich muss der Blutzucker kontrolliert werden. Dazu werden die Kinder und ihre Eltern beziehungsweise andere betreuende Personen ausführlich geschult. Insulin ist für diabeteskranke Kinder lebensnotwendig. Mit einer gut eingestellten Therapie sind die betroffenen Kinder aber „gesund“, das heißt normal belastbar in Kindergarten, Schule, Sport und Freizeit.

Der Freund meines Kindes hat Diabetes und kommt zu Besuch

Die meisten betroffenen Kinder sind sehr gut in der Lage ihre Erkrankung zu steuern. Wichtig ist eine gute Absprache vorher mit den Eltern insbesondere zum Thema Essen. Manche Kinder mit Diabetes Typ 1 haben zusätzlich eine Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) und dürfen nur glutenfreie Produkte essen. Ansonsten dürfen Kinder mit Diabetes alles essen, brauchen nur entsprechend Insulin dafür. In einer kürzeren Nachmittagsspielsituation sind erhöhte Blutzucker meist unproblematisch, Unterzuckerungen können aber durchaus gefährlich sein und müssen sofort behandelt werden. Unterzuckerungen können insbesondere bei starker körperlicher Aktivität, zum Beispiel Toben auf dem Trampolin, auftreten. Ist das diabeteskranke Kind anders als sie es kennen (blass, verwirrt, sehr hungrig, zittrig) bitten sie um Messung eines Blutzuckers oder Essen von Traubenzucker und nehmen Kontakt mit den Eltern auf (Handynummer!). Die Gabe von Traubenzucker ist in Notfallsituationen niemals falsch. Viele Kinder tragen aber bereits ein kleines Gerät, was ständig den Zucker misst und vor Unterzuckerungen warnt. Das schafft noch mehr Sicherheit.

 

Autorin

Dr. Dorothée Schmidt ist Kinderärztin und arbeitet
in der Kinderklinik im Bereich Diabetes und Hormonerkrankungen
im Kindesalter. Sie lebt
mit ihrer Familie in Lübeck.

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