Neben Purpur geh\u00f6rte zur Zeit Kremmers und Cranich Indigo zu den teuersten Pigmenten. Schon seit l\u00e4ngerer Zeit kam es nicht mehr aus Indien, denn \u201eBlau\u201c wuchs auch auf heimischen Feldern. Besonders in den feuchten Auen rings um Wittenberg wuchs der \u201eF\u00e4rberwaid\u201c, der \u00fcber die Hanse bis nach England verkauft wurde. Diese doldige Rispe mit ihren kleinen gelben Kreuzbl\u00fcten entwickelte h\u00e4ngende Schoten, die sich bei ihrer Reife schwarz-violett f\u00e4rbten. Das seit der Jungsteinzeit bekannte F\u00e4rberwaid trocknete nach der Ernte auf den Dachb\u00f6den der Klosterg\u00e4rten und Apotheken. Bis dahin war vom blauen Schimmer noch nichts zu sehen. Erst das Wissen karolingischer M\u00f6nche half den F\u00e4rbern \u201eBlau\u201c zu machen. In fast jeder historischen Stadt gab es F\u00e4rbergassen und F\u00e4rberstra\u00dfen oder einen Anger in Flussn\u00e4he, den die F\u00e4rber f\u00fcr ihr anr\u00fcchiges Gesch\u00e4ft nutzten. <\/p>\n\n\n\n

Man brauchte etwas Alkohol und gro\u00dfe Mengen von Urin, um mit frischem F\u00e4rberwaid in L\u00fcbeck \u201eBlau\u201c zu machen. Den ben\u00f6tigten Harnstoff lieferten oft die M\u00f6nche und Nonnen der umliegenden Kl\u00f6ster sowie die Sch\u00fcler der Stadt, die es zu Kemmers Zeiten reichlich in L\u00fcbeck gab, sodass es keinen Mangel an der notwendigen K\u00f6perfl\u00fcssigkeit gab.<\/p>\n\n\n\n

So ben\u00e4sst g\u00e4rte der Sud Monate vor sich hin. Dann legte der F\u00e4rber diesen Brei und seine Stoffe in einen Topf, nicht ohne nochmaliges starkes Pinkeln aller Gesellen, die vorher t\u00fcchtig Bier tranken. Alles war gelb! Aber auf dem Anger, an der Luft, geschlagen mit Ruten, wurden Wolle und Tuche mit Hilfe von Sauerstoff und Oxidation wunderbar blau: Indigo! <\/p>\n\n\n\n

In den Apotheken der Hansestadt L\u00fcbeck gab es zudem Tee aus den F\u00e4rberwaidbl\u00e4ttern gegen Husten und Salbe gegen Hautkrankheiten. Dieses Kraut war ein Geschenk des Himmels. Aus Indigo war mundartlich \u201eEndich\u201c geworden. <\/p>\n\n\n\n

Die Redewendung \u201eblau machen\u201c war nat\u00fcrlich auch in der Hansemetropole L\u00fcbeck bekannt, entsprang sie doch dem Arbeitsalltag der Blauf\u00e4rber. Sie konnten stundenlang am Anger in freier Natur dem M\u00fc\u00dfiggang fr\u00f6nen und entspannt darauf warten, dass die frisch gef\u00e4rbten Stoffe trockneten und sich langsam die gew\u00fcnschte Farbver\u00e4nderung von gelbgr\u00fcn auf das begehrte Indigoblau einstellte. Am Montag wurde daher im wahrsten Sinne des Wortes in L\u00fcbeck \u201eblau gemacht\u201c.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Ab dem 24. Oktober widmet das St. Annen-Museum dem wichtigen L\u00fcbecker Maler Hans Kemmer und seinem ber\u00fchmten Lehrer Lucas Cranach<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":3656,"comment_status":"closed","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"iawp_total_views":1,"_jetpack_memberships_contains_paid_content":false,"footnotes":""},"categories":[43,19],"tags":[],"class_list":["post-3689","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-ausflugtipps","category-der-die-das"],"yoast_head":"\n