Antibiotika sind wichtige Medikamente

– aber bitte nur, wenn es wirklich sein muss!

Das passt jetzt so gar nicht: eine Urlaubsreise steht an, da plötzlich plagen Ihr Kind starke Ohrenschmerzen oder es hustet und hat Fieber. Also schnell ab zum Kinderarzt oder zur Kinderärztin, der oder die soll ein Antibiotikum verschreiben, dann geht die Erkrankung schnell wieder weg und die Urlaubsreise ist gerettet.
So einfach funktioniert das aber leider nicht! Denn Antibiotika helfen nur bei Erkrankungen, die durch Bakterien ausgelöst werden. Bei Virus­infekten dagegen zeigen sie keinerlei Wirkung und sollten daher auch nicht verordnet werden. Und nur ein sehr, sehr geringer Teil der Mittelohr­entzündungen oder fieberhaften Infekte bei Kindern sind bakterielle Infektionen, so dass der Einsatz eines Antibiotikums in den meisten Fällen nicht nur überflüssig, sondern vielleicht sogar von Nachteil ist.
Denn erstens können Antibiotika Nebenwirkungen verursachen und zweitens gibt jedes eingesetzte Antibiotikum den Bakterien, gegen die es wirken soll, die Chance, Resistenzen zu entwickeln. Das bedeutet, dass das Antibiotikum gegen die Bakterien nicht mehr wirksam ist. Und gerade dieser zweite Punkt stellt eine große Gefahr für die Menschen dar, die wegen echter und schwerer bakterieller Infektionen dringend einer antibiotischen Therapie bedürfen: Denn durch die Resistenzentwicklung ist es denkbar, dass die Antibiotika auch nicht mehr gegen Infektionen wie Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen wirken können – und das ist ein Umstand, der auf jeden Fall verhindert werden muss!

Es ist daher also von hoher Wichtigkeit, dass bei der Verordnung von Antibiotika streng nach dem Grundsatz verfahren wird, ein Antibiotikum nur dann einzusetzen, wenn es einen klaren Anhalt für eine bakterielle Infektion gibt. Eindeutige Symptome, positive Bakteriennachweise oder sehr auffällige Laborwerte können dem Arzt oder der Ärztin dabei wichtige Hinweise geben. Einen eindeutigen Test zur Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen Erkrankungen gibt es jedoch häufig nicht. Bei den Erkrankungen, bei denen die Lage nicht eindeutig ist, sollte lieber zunächst zugewartet werden, wie sich die Erkrankung entwickelt und wie es Ihrem Kind im Verlauf geht. Denn mit den meisten Infekten kommt der kindliche Körper ganz alleine zurecht: Schonung, Ruhe und elterliche Fürsorge, gegebenenfalls die Unterstützung mit schmerzhemmenden und fiebersenkenden Medikamenten oder abschwellenden Nasentropfen und oft geht es schon nach wenigen Tagen deutlich besser – auch ohne Antibiotikum!

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Antibiotika sind wichtige Medikamente, die es uns Ärzten und Ärztinnen trotz möglicher Nebenwirkungen ermöglichen, bakterielle Infektionen effektiv, ja manchmal sogar lebensrettend zu bekämpfen. Aber nur wenn wir diese Medikamente verantwortungsbewusst, gezielt und sparsam einsetzen, kann ihre Wirksamkeit erhalten bleiben.

Sollte also – wie eingangs beschrieben – auch vor einem wichtigen Termin (wie z. B. einer Urlaubsreise) eine bedeutende Erkrankung bei Ihrem Kind auftreten, so wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Kinder- und Jugendarzt oder Ihre Kinder- und Jugendärztin. Er oder sie wird Ihnen helfen, die Symptome einzuordnen. Und sicherlich wird Ihrem Kind ein Antibiotikum verordnet werden, falls dies medizinisch notwendig ist. Viel wahrscheinlicher aber ist, dass Ihnen aufgrund eines Virusinfektes zum Abwarten unter Beobachtung geraten wird, da ein Antibiotikum in dieser Situation ohnehin nicht helfen kann – auch nicht, wenn eine Urlaubsreise ansteht und es jetzt so gar nicht passt!

Autor:
Dr. med. Thomas Parlowsky,
Kinder- und Jugendarzt, verheiratet, 2 Kinder
Praxis in Gemeinschaft mit Prof. Dr. Christian Schultz,
Moltkeplatz 12, 23566 Lübeck,.

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